IS-Kenner Jürgen Todenhöfer am 17. Jänner im Meraner Stadttheater zu Gast
Zehn Tage lang war Jürgen Todenhöfer im Dezember 2014 im „Islamischen Staat“ unterwegs. Ein lebensgefährliches Unterfangen – das war dem Publizisten, ehemaligen Bundestagsabgeordneten und Ex-Verlagsmanager absolut bewusst. Doch Todenhöfer wollte sich selbst ein Bild machen von jenem „Staat“, von dem so viele Menschen fasziniert sind, und der Tausende „Gotteskrieger“ aus dem Westen in den Irak, nach Syrien und Afghanistan lockt.
Der Westen, so Todenhöfer, habe keinerlei Strategie im Umgang mit dem IS, was in erster Linie darauf zurückzuführen ist, dass es in der Diplomatie der westlichen Länder keinerlei Gespräche mit „Feinden“ geben darf. „Ein schwerwiegender Fehler“, sagt Todenhöfer, „denn wie soll man einer so gewaltigen Herausforderung begegnen, wenn man Ziele und Strategie des Feindes nicht kennt?“
Was Jürgen Todenhöfer in Begleitung seines Sohnes Frederic und von dessen Freund Malcolm in den zehn Tagen im „Islamischen Staat“ erlebt hat, beschreibt er in seinem 2015 erschienen Buch „Inside IS“. Er habe die Brutalität der „Gotteskrieger“ hautnah erfahren, mehr als einmal Angst gehabt, dass sein vom Kalifen unterzeichnetes freies Geleit keine Lebensversicherung sei, vor allem aber habe er einen „Anti-islamischen Staat“ erlebt, der sich in seiner Willkür im Umgang mit Ausländern, Andersgläubigen und Frauen zu Unrecht auf den Koran berufe.
Letzten Endes hat der IS sein Wort gehalten und Todenhöfer sowie seine zwei Begleiter wieder heil über die syrisch-türkische Grenze geschleust. Doch wirklich nähergekommen sei man sich nicht, sagt Todenhöfer, zu weit lägen die Ansichten auseinander. „Dem IS war von allem Anfang an bewusst, dass ich ihm äußerst kritisch gegenüberstehe, dass ich seinen menschenverachtenden Umgang, die willkürliche Tötung von ,Abtrünnigen‘ aufs Schärfste kritisiere, ohne dabei allerdings die Fehler des Westens zu beschönigen. Das haben die Jihadisten zwar akzeptiert, doch meine Kritik in den vielen Gesprächen hat bei ihnen nicht zum geringsten Umdenken geführt.“
In seinem neusten, 2019 erschienenen Buch „Die große Heuchelei. Wie Politik und Medien unsere Werte verraten“ beleuchtet Jürgen Todenhöfer die Kehrseite der Medaille. Unter dem Vorwand edler Ziele verfolge der Westen seit Jahrhunderten eine brutale Interessenpolitik, die vielfach von mächtigen Medien mitgetragen werde.
Im Herbst des Jahres 2019 ging die Meldung durch die Medien, dass der Islamische Staat geschlagen ist und sein berühmter Anführer Abu Bakr al-Baghdadi offiziell tot. Doch ist dem wirklich so? Ist der IS wirklich besiegt? Jürgen Todenhöfer, der als einer der besten Kenner des „Islamischen Staates“ gilt, ist am 17. Jänner 2020 in Meran zu Gast.
Auf Einladung der Akademie Meran wird er im Rahmen der „Dialoge Meran“ im Gespräch mit Eberhard Daum über den IS, die Fehler des Westens und die vom „Islamischen Staat“ ausgehende Gefahr für den Mittleren Osten und für den Frieden in der Welt sprechen. Die Veranstaltung beginnt um 18 Uhr im Stadttheater Meran. Der Eintritt ist frei.