02.05.2015 Seminar: Politische Dichtung durch die Jahrhunderte

Die Tagung setzt ein langfristig angelegtes Projekt zum Verhältnis Kunst/Philosophie vs. Politik fort. Dieses Projekt steht im weiteren Zusammenhang der Problematik der philosophischen Definition einer gesellschaftlichen Verantwortung des Künstlers, d. h. einer Künstlerethik. Die Veranstaltung folgt der Tradition früherer Symposien, die den Vergleich zwischen der Antike (besonders das augusteische Rom und Platon) und dem 20.Jh. (besonders Deutschland und die Sowjetunion) in den Vordergrund stellten. Zugleich werden Schwerpunkte auf folgende Epochen und ihre Vertreter gesetzt: Platon als der eminenteste Denker der Antike; die Dichtung im Briefwechsel des persischen Schahs Ismail mit dem Sultan Selim I. zur Zeit der spannenden Schlacht zwischen dem türkischen und dem persischen Reich 1514; König Teimuraz II (georgischer Herrscher im 17.Jh.) und seine Dichtung; der englische Dichter und Denker John Milton, der die politischen Unruhen seiner Zeit behandelte und sich für Rede- und Pressefreiheit einsetzte; Vladimir Majakowsky als der Dichter der russischen Revolution; Martin Heidegger, in dessen Denken die Dichtung eine besondere Rolle spielt; Ezra Pound mit seiner heiklen Beziehung zum italienischen Faschismus; die Dichtung Mao Zedongs, eines der einflussreichsten Staatsmänner des 20. Jahrhunderts; Stefan George, dessen Dichtung anfangs ganz im Geiste des l’art pour l’art stand, um ab 1907 einen prophetischen, politisch und sozial engagierten Charakter zu gewinnen. Der historische Vergleich fördert das Verständnis der politisch-gesellschaftlichen Probleme der Gegenwart. Die Frage nach der politischen Verantwortung von Kunst und Künstler stellt eindringlich das Problem staatsbürgerlicher Verantwortung, besonders derjenigen des Intellektuellen. Somit fördert sie das Bewusstsein aller geistig Tätigen von der Bedeutung des kritischen Intellektuellen in der heutigen Gesellschaft, der immer seltener wird, den unsere Gesellschaft aber mehr denn je braucht. Schließlich stellt sich in unserer egalitären Gesellschaft die Frage nach der ,intellektuellen‘ Verantwortung aller Bürger.